Irgendjemand sprach von Liebe

Erwachen

Nicht ganz erwacht aus einem Traum
Die Lider waren mir noch schwer
Fand ich mich wie betäubt, so dumpf
Und totenbleich in meinem Bett

Ich wußte nicht gleich wo ich war
Ich fürchtete, ich wär‘ noch dort
Denn immer noch sah ich vor mir
Die Bilder vom geträumten Ort

Die Hilferufe der Verdammten
Zu pfeifend hohen Flötentönen
Sie hielten mich noch fest gebannt
Mir stockte auch der Atem

Dann wurde es mir klar und klarer
Es war viel mehr als nur ein Traum
Es war ein Bild vom Weltenfahrer
Er wollte sich mir anvertrau’n

Deshalb konnt’ ich den Traum nicht fliehen
Ich wurde noch gebraucht dort drüben
Mein Meister hat mich eingeweiht
Erkenntnis und Erbarm’n zu üben

Der Traum

Ich stand am Rande eines Schlachtfelds
So wie Remaque es einst beschrieb
Es war vom Liebestrommelfeuer
Unzählbar oft schon umgepflügt

Statt Wind sang hier das Totenlied
Nichts wuchs mehr auf dem nackten Boden
Der übersäuert war und satt
Von Tränen, Gram und Jammer

Im ganzen Leben sah ich nichts
Vergleichbar arg zertrümmertes
Verscharrt wurden die Leichen nicht
Man ließ sie einfach liegen

Doch bei einem Posaunenstoß
Da sah ich; stiegen nah und fern
Die totgeglaubten wieder auf
Und baten um ein Leben

Der Tanz

Die dekorierten Uniformen
Waren brokate Leichenhemden
Und feierlich verliehene Orden
Gewetzte Messer, um zu morden

Die Weiber waren splitternackt
Nichts trugen sie auf ihrem Leib
So dachten sie die Schlacht zu führen
Aus lauter Spaß und Zeitvertreib

Viele waren schon verletzt
Heil war eigentlich keiner mehr
Und widerfuhr dem einem Leid
Verletzte er den anderen mehr

So drehte sich die Szenerie
Wie in einem Reigen
Schadenfreude trieb sie an
Und andr’er Menschen leiden

Sie lockten sich mit Lob und lächeln
Sie tanzten und sie sprangen
Doch kamen zwei zu nahe sich
Gab’s Messer zu empfangen

Sie wollten ihre Kehlen treffen
Die Augen oder Herzen
Wo war ihnen scheinbar gleich
Hauptsache waren Schmerzen

Teils hielten sie sich eng umschlungen
Von Lust und Wünschen angefacht
Doch tief in ihnen schlief niemals
Die Rache und hielt Totenwacht

Frieden war hier kaum in Sicht
Die Sehnsucht hat mobil gemacht!
Und der Beschuß mit Liebesschwüren
Schien auch nicht mehr zum Ziel zu führen

Erwachen

Als ich so dastand, voll entsetzen
Vernahm ich, wie aus weiter Ferne
Ganz dünn und leise, flehentlich
Die Stimme eines Geistes

Es war mir so; Er sprach von Liebe
Von ferne hab ich es gehört
Von Zweisamkeit und Zuneigung
Die zärtlich ist und nicht zerstört

Irgendetwas sprach von Liebe
Und fast wohl hätt‘ man es gehört
Doch niemand hatte Zeit zu hören
Es schien wohl eher sie zu stören

Der Traum ist fort! Es ist zu spät
Jetzt lieg ich hier, noch wie gebannt
Ich hoffe sehr, ich muss nie mehr
In dieses leiddurchtränkte Land

Wer kann diesen Traum mir deuten
Schwester? Bruder? Vater? Mutter?
Wer kann mich von dort fort begleiten
Falls ich je selber lieben möchte?

Doch irgendjemand sprach von Liebe
Hätt‘ man ihn nur verstanden!
Irgendjemand sprach von Liebe
Er war wohl zu weit weg von allen

© & ℗ Frank Barneföhr · Alle Rechte vorbehalten · Keine unerlaubte Kopie, auch nicht auszugsweise, ohne schriftliche Genehmigung des Verfassers.

4 Kommentare

  1. I see you are reading blogs tonight. It is 10.00 pm. I am havng a hard ime settling down because seven years ago tomorrow was when i lost my son. The thoughts of our last days, moments have haunted me for days…I will write you soon, Write me on t-online too, It is easier for me „answer“ a letter than to start a new one because I get confused about which button to push. I will get back to learning a little bit of German soon. Deine leibe freundin, brenda

  2. Frank, your prose is so deep and a bit frightening. It is like your dreams and your reality mix together and make you feel that none of them really fit. tell me, my good friend, if you can find the words in English, what is going through your mind when these thought and dreams seem to haunt you. I am always glad to see something from you, I enjoy reading your prose, I love getting to know you, talk TO YOU, HAVE YOU Talk to me. It has been a hard week. I am so tired! I am looking for nice long letter filled with thoughts and hopes and the things you do for and with your family. always, Frank you are deine Bruder within our souls…brenda

  3. Tja…das ist immer so eine Sache mit dem mehr davon 🙂 Auf jeden Fall freue ich mich sehr, dass es Dir gefällt!

    Oft entstehen solche Texte oder Gedichte aus Fragmenten, die sich über viele Monate oder manchmal sogar Jahre bei mir angesammelt haben. Irgendwann krame ich sie hervor (oder finde sie zufällig wieder) und arbeite weiter daran. In diesem Fall war es ähnlich. Die ersten Notizen zu diesem Gedicht stammen noch aus Osnabrück. Da habe ich vor ca. 2 Jahren gewohnt. Und wenn ich mich recht entsinne, stammt die Idee tatsächlich aus der Erinnerung an einen Traum.
    Meine Intention ist ja eigentlich Anti-Freikirchlich und gegen geistlichen Mißbrauch. Aber dabei fällt immer wieder etwas gegen den Mißbrauch im Allgemeinen ab.
    Dieses Gedicht ist eine Mischung aus beidem. Das ist es, was ich an diesem Gedicht besonders gelungen finde.

  4. Wow, da hast du wirklich etwas wundervolles zu Papier gebracht! Die Aufteilung, die Wortwahl, der Verlauf … es spricht mich wirklich sehr an. Bitte mehr davon!

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